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Lesen - Teil 1
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Efyriel (37 Posts bisher) |
Dies ist nun Teil1 der Fortsetzungsgeschichte. Wenn du Fragen an uns hast, die nicht bei Wir & Go beantwortet werden, kannst du uns einen Kommentar unter Geschichte schreiben. Am besten gibst du dabei an, auf welchen Teil der Geschichte du dich dabei beziehst. Viel Vergnügen! „Sag mir Celia, warum willst du diesen Stein hier setzen? Du siehst doch, dass es ein schlechter Zug ist?“ Celia hob den Kopf und sah Alan verwundert an. „Also, willst du ihn vielleicht zurück nehmen?“ fragte er. Wieder richtete sich ihr Blick auf das Brett zwischen ihnen. Ja, ihr Zug war nicht besonders gut, aber zurücknehmen? Grübelnd stützte sie das Kinn auf die Hand des Armes, der schon die ganze Zeit auf dem Tisch ruhte. Schließlich kniff sie die Augen zusammen und schüttelte den Kopf. Sie hatte sich für diesen Zug entschieden, also würde sie dazu stehen, auch wenn es bedeutete, dass sie verlieren würde. „Wie du meinst,“ kommentierte Alan und nahm den nächsten Stein, der auch sogleich mit dem vertrauten ~klack~ auf seiner Position landete. Celia biss sich leicht auf die Lippe, während ihre Finger durch die Steine glitten und dann einen davon ergriffen. Sie mochte es nicht bedrängt und belehrt zu werden. Sie hasste es, dass Alan sie immer behandelte, als würde sie gar nichts verstehen. Nur weil er dieses Spiel schon mehrere Jahre spielte und sie erst vor kurzem damit begonnen hatte. Als ob es gar keine Frage war, das sie alles falsch machte. Wusste er wirklich schon im Voraus, was sie als nächstes tun würde? Ein bisschen missmutig landete ihr nächster Stein auf einem der Kreuzungspunkte der Linien. Sie würde sicher wieder verlieren, das tat sie immer. Langsam fragte sie sich, ob sie einfach nicht dazu in der Lage war dieses Spiel zu spielen. ~klack~ Da hatte sie Alans Antwort. Stirnrunzelnd betrachtete sie die Konstellation der weißen und schwarzen Steine auf dem Brett. Ihr Zug von zuvor passte gut zu dem schwachen Zug, den Alan als schlecht bezeichnet hatte. Sie verstand jedoch nicht, was dieser Stein von Alan an dieser Stelle sollte. Das er einen Fehler gemacht hatte, nahm sie nicht an. Vielleicht verfolgte er einen Plan? Sie sah in sein unbewegtes Gesicht mit dem leichten Lächeln, dann wieder zurück auf das Brett. „Was ist?“ fragte er auch sogleich. „Nichts…“ murmelte sie und fischte den nächsten Stein aus ihrem Vorrat. Wenn es nun doch ein Fehler von ihm gewesen war und sie ihn nicht für sich nutzte? Etwas zögerlich setzte sie ihren Stein in Angriffsposition neben den von Alan. „Oh…“ Als sie ihren Blick wieder auf Alan richtete, wurde ihr klar, dass etwas nicht stimmte. „Schau mal, wenn ich jetzt…“ „Ach lass mich doch in Ruhe!“ Wie sie diesen belehrenden Tonfall hasste! Sie hatte schon gegen andere Go-Spieler gespielt, ja, aber meist ergab es sich doch, dass Alan ihr Gegner war. Einige andere Leute im Café hoben den Kopf um zu sehen was los war, doch als sie erkannten, dass sie von einem Go-Brett aufgestanden war, wandten sie sich wieder ab. Vermutlich dachten sie, die junge Frau würde sich einfach über eine Niederlage ärgern. Das war ja auch so, aber ihre Wut richtete sich keineswegs auf das Spiel, sondern auf Alan und sich selbst. Ohne einen weiteren Blick auf Alans verblüfftes Gesicht stürmte sie aus dem Café. „Das hättest du nicht tun sollen,“ meinte Manfred, als er kurz darauf Celias Platz einnahm und sich die Stellungen auf dem Spielbrett ansah. „Aber ich wollte ihr doch nur die Chance geben diese Gruppe hier noch zu retten.“ Alan deutete auf eine Gruppe schwarzer Steine, die nahezu von seinen weißen Steinen umschlossen waren. „Ich weiß, aber schau doch mal was passiert wäre, wenn du hier gespielt hättest.“ Manfred nahm Alans letzten Stein vom Brett und setzte ihn an jene Position, die dafür sorgte, dass die schwarze Steingruppe von einem Ausweg abgeschnitten wurde. „Das hätte ihre Gruppe hier am Rand zerquetscht.“ Alan verstand nicht, auf was Manfred hinaus wollte. „Dann hätte sie das Spiel jetzt schon verloren.“ Langsam schüttelte Manfred den Kopf. Anschließend deutete er auf Celias letzten Spielzug. „Siehst du nicht, was sie hier getan hat?“ „…Ich, sie hat…“ „Deine einzige Schwäche ausgenutzt und nur dadurch, dass du diese Gruppe schonen wolltest, hast du es nicht bemerkt. Sie wusste das diese Steine hier unten nutzlos geworden waren, sie hat sie geopfert um hier an dieser Seite und diesem Stein hier in der Mitte eine Fläche abzustecken und gleichzeitig deine Steine hier…“ Alan sprang auf und starrte auf das Brett. Der ’schlechte Zug‘ hatte sich durch den Zug darauf und seine eigene Schwachstelle in einen Guten verwandelt. „Sie hätte gewinnen können.“ Manfred nickte langsam: „Celia ist gegangen, weil du sie nicht für voll nimmst.“ Die junge Frau war beinahe gerannt, weil sie nicht wollte, dass jemand ihre roten Augen sah. Sie stand kurz davor in Tränen auszubrechen. War es so schwer zu verstehen, dass sie einfach anders dachte als Alan? So schlecht war das Spiel gar nicht gelaufen, doch sie hatte einfach genug von seiner überheblichen Art. Es war, als könne er nicht akzeptieren, dass sie anders war als er. Vielleicht war sie eine schlechte Spielerin, vielleicht konnte er ihr noch sehr viel beibringen, aber nicht so! Krachend schloss sich die Haustür hinter ihr und ihre Tasche landete, von ihr ungeachtet, auf dem Boden. Enttäuscht ließ sie sich daneben sinken und biss sich auf den Daumen. Es gab einfach niemanden, der sie verstehen konnte. Oder wollen sie es gar nicht? Menschen waren aber auch etwas kompliziertes. Keiner konnte sagen, was sie als nächstes tun würden. Wie der nächste Zug aussah, den sie machten. Schniefend zog Celia die Beine an und beschloss nicht mehr zum Go zu gehen. Für ein paar Wochen hatte sie geglaubt ihr Defizit würde nicht auffallen. In manchen Bereichen war es ja auch ganz nützlich in Bildern zu denken, aber manchmal wünschte sie sich, dass es anders wäre. Wenn sie anders wäre. Aber das war sie nicht und darum blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als das zu tun, was sie tun konnte. Mit einem Seufzen stand sie wieder auf und betrachtete ihr Gesicht im Spiegel neben der Garderobe. Meine Güte, mit diesen roten Augen könnte sie glatt als Gespenst im Gruselkabinett auftreten. Sie schnitt sich selbst eine Grimasse und stupste sich auf die Nase: „Du bist so ziemlich das Letzte.“ Dieser Satz bezog sich auf ein Erlebnis in der Vergangenheit. Es lag schon so lange zurück, dass sie sich gar nicht mehr so genau daran erinnern konnte. Es hatte mit ihrem Bruder zu tun, der sie immer geärgert hatte. Weil sie nicht gut mit anderen Menschen konnte, hatte sie lange nicht verstanden, dass er sie eigentlich sehr gern hatte. Dann war er verschwunden und keiner wusste, was mit ihm geschehen war. Sie hatte einige Zeit nach ihm gesucht, erfolglos. Nach einigen zaghaften Versuchen, hatte sie es aufgegeben. Es machte keinen Sinn, dass sie es versuchte, sie hatte ja schon Schwierigkeiten überhaupt jemanden anzusprechen, der ihr fremd war. Das war sicher auch der Grund, warum sie so wenige Freunde hatte und warum sie fast nur gegen Alan gespielt hatte. Sie war ja eigentlich ganz gerne allein, nur eben nicht immer. Sie streckte ihrem Spiegelbild die Zunge heraus und drehte sich dann schwungvoll um. Ihr Weg führte sie in die Küche, wo sie sich die Milch aus dem Kühlschrank nahm um sich eine heiße Schokolade zu machen. Das einzige was in einer solch miesen Stimmung noch helfen konnte war eine warme Decke und eine Tasse Schokolade. Fortsetzung folgt … |
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