Manfred saß ihr gegenüber. Seine alte Bekannte hatte sich sehr überrascht gegeben, als er sie angerufen hatte und fast noch überraschter als er ihr von seinem Plan erzählt hatte. Doch erstmal hatte sie eine Partie spielen wollen, ehe sie ihre Antwort gab. Auch wenn es Manfred hatte vermeiden wollen, so sah er sich doch genötigt in den Vorschlag einzuwilligen und so saßen sie jetzt am späten Abend in seinem Café und mit dem typischen Klacken gingen die Steine darnieder auf das Brett, welches zwischen ihnen stand. Er hatte extra das Hyuga-Kaya Brett aus seinem Geheimfach herausgeholt, nur wenige wussten, dass er eines besaß, denn es war sehr wertvoll und so ließ er nur selten jemanden ran. Aber für seinen Gast war so etwas gerade recht, legte sie doch viel Wert auf Ästhetik und so hoffte er mit diesem Brett, sogleich ihr Wohlgefallen für sein Vorhaben zu gewinnen. Nun wie es aussah war er damit nicht gänzlich fehl gegangen, aber nunja auch wenn das Ergebnis erwartbar war, so hatte er doch gehofft einer Partie mit ihr zu entgehen.

Er musste nicht hinsehen, um das leichte Lächeln zu sehen, welches ihre Lippen umspielte, als sie den nächsten Stein setzte. „Ach mein lieber Manfred, du bist noch immer viel zu vorsichtig. Es ist ja gut, vorsichtig zu sein, aber du übertreibst es gleich immer und lässt dich dann noch zu sehr von mir zwingen. Ich weiß ja, dass du nur die harmonische Bewegung der Steine zu folgen suchst, aber manchmal muss man auch oberflächlich Hässliches spielen, um die wahre Stärke seiner Position herauszustellen.“ Dies alles erklärte sie ihm mit dieser warmen leisen Stimme, von der er früher so sehr fasziniert war und der er immer zugehört hatte, wann es nur ging. Aber das war lange her und es war viel Zeit vergangen. Mit einem Grunzen verbeugte er sich und begann nach der Dankesformel die Steine abzuräumen, das war seine einzige Option, war er doch daran gescheitert das Mittelgebiet zu reduzieren. Sein Gegenüber tat das Gleiche und so war das Brett alsbald wieder leer. Schweigend saßen sie sich gegenüber. Manfred würde ihr nicht den Gefallen tun und nochmal nachfragen, denn darauf wartete sie nur.

Nach einer Zeit seufzte sie auf. „Du kannst ein echter Sturrkopf zuweilen sein, weißt du das?“ Er ließ sich jetzt auch nicht zu einer gewünschten Reaktion herab. „Na gut, na gut, ich mach es. Aber dafür wirst du mir etwas schulden, ja?“ Manfred konnte auch nicht behaupten darüber gerade begeistert zu sein, aber er hatte es erwartet und so konnte es ihm nur einen kurzen Seufzer entlocken ehe, er resigniert sprach: „Ja in Ordnung und ich weiß, dass ich teuer genug mit diesem Gefallen bezahlen werde, dass hast du mir oft genug bewiesen.“ Sie ging gar nicht auf den Seitenhieb ein, sondern lächelte ihn nur breit an. Dieses Lächeln … er hatte gelernt es zu fürchten, denn weder auf dem Brett noch im restlichen Leben verhieß es etwas Gutes, wenn sie es aufsetzte, daher ließ ihn es Böses erahnen, als sie es jetzt aufsetzte, aber es war ihm im Grunde einerlei, war es ihm doch viel wichtiger, dass sie das zu tun gewillt war, was er ihr vorgeschlagen hatte.

„Also wo willst du die Simultanverantstaltung stattfinden lassen?“ Langsam hob er seinen Kopf, der ihm beim Nachdenken ein wenig nach unten weggesackt war. „Hmm ich habe da schon so eine Idee, aber ich werde noch etwas dafür nachprüfen müssen. Ich werde dich dann einfach anrufen, deine Nummer habe ich ja noch.“ Sie nickte nur, ehe sie ihre Sachen nahm und sich erhob. Ein wenig sehnsüchtig schaute sie erst das Brett und dann ihn an. „Wir vermissen dich übrigens noch immer alle.“ Er senkte den Kopf wieder, diesmal nicht nur weil er nachdachte, sondern auch vor Beschämung und auch wegen der Last die sich wieder auf seinem Schultern breit machte. Er konnte nicht viel mehr als ein leises: „Ich weiß“, aus sich herauspressen. Sie nickte nur und ging und ließ Manfred alleine mit seiner Last zurück.