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Lesen - Teil 23
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Efyriel (37 Posts bisher) |
Manfred ließ seinen Blick weiter schweifen, bis er auf Alan viel. Obwohl dieser sich gebessert hatte und nicht mehr wie ein wild gewordener Eber mitten hindurch preschte, so war er doch noch immer übermütig. Genau das führte dazu, dass er kurz nacheinander zwei kleinere Gruppen an Steinen aufgeben musste. Manchmal war es besser etwas zurückzutreten und auch dem Anderen etwas Raum einzuräumen. Ein Geben und Nehmen war manchmal der einzige Weg um eine Einigung zu erzielen. Alan hatte da noch immer nicht gänzlich verstanden, auch wenn er nicht mehr so ärgerlich auf jede kleine Niederlage reagierte. Zu verlieren war wichtig, denn nur dadurch, dass der Mensch verlor und Niederlagen einstecken musste, wuchs er an sich selbst. Das Problem mochte manchmal sein, dass man zu häufig verlor und keinen Fortschritt, kein Vorankommen erkennen konnte. Wenn man bei jedem gewagten Schritt den man machte nur feststellte, dass man in keiner Richtung weiter konnte, dann bestand die Gefahr, dass man gar nicht mehr weiter wollte. Alan versuchte seine Niederlagen zu akzeptieren und an anderen Stellen etwas Gebiet für sich zu gewinnen. Gut so, das war ein Schritt in die richtige Richtung – eine Richtung, für die er sich nur selbst entscheiden konnte. Mit einem Lächeln wechselte Manfreds Aufmerksamkeit zu Aiden, der locker spielte, wie er es wohl immer tat. Aber das machte nichts, denn Aiden war einfach der Typ Mensch, der gerne alles locker anging und nie nervös oder verkrampft wirkte. An einigen Stellen sah die Platzierung der Steine recht willkürlich aus, aber wenn man es genauer betrachtete, steckte schon ein Gedanke dahinter. Ling hatte es sicher erkannt, ihre gelassen wirkenden Entgegnungen ließen zwar eine andere Vermutung zu, aber das täuschte. Manfred wusste das, doch ob Aiden es ebenfalls einschätzen konnte? Manfreds Blick ruhte einen Moment auf dem Gesicht des jungen Mannes, dessen Ausdruck irgendwo zwischen Belustigung und Konzentration lag. Ja, Aiden nahm weder das Spiel, noch das Leben so ganz ernst. Warum sollte er auch? Es sollte schließlich immer Freude machen, denn warum tat man das sonst. Er war nicht gerade besonders ehrgeizig und man merkte das sicher auch an seinen Noten. Dennoch hatte er es an die Uni und in seinen Wunschstudiengang geschafft. Natürlich erntete er immer wieder skeptische Blicke, als würde man ihm vorwerfen, dass er es geschafft hatte. Man stellte sich unter Studenten inzwischen offenbar strenge junge Leute vor, die nichts als Lernen im Kopf hatten. Tatsächlich war es nicht einfach und eigentlich hatte man wirklich nicht viel Zeit für irgendwelche Freizeitbeschäftigungen. Einen Kurs vorbereiten, eine Vorlesung hier, ein Seminar dort, dann noch alles nachbereiten und ja nicht vergessen die Aufgaben für die Übung zu erledigen. Dann gab es da noch das geforderte Selbststudium, in welchem man sein Wissen erweitern und vertiefen sollte. Wenn man wirklich alles genau so machte, wie es gefordert war, dann blieb kaum Zeit auch mal etwas zu tun, was einen abschalten ließ. Nach seinem Zug, den er mit einem ~Klack~ tätigte, warf er einen ermutigenden Blick zu Celia hinüber, die offensichtlich total fasziniert war. Mit halboffenem Mund saß die junge Frau vor dem Brett, vergaß zwischendurch fast zu atmen und versuchte vorherzusagen, wo der nächste Stein ihrer Gegnerin landen würde. Langsam zeichnete sich ein Muster ab. Celia war weit, weit unterlegen. Noch viel weiter als es dieses Wort auszudrücken vermochte. Dieses ganze Spiel war so verblüffend. Als hätte jeder Stein schon einen Platz auf dem Brett, ehe er von einem Spieler zur Hand genommen wurde. Dennoch wusste sie langsam nicht mehr, wo sie noch einen Stein setzen sollte. Ihr fehlte es eindeutig an Erfahrung und sie fühlte sich beinahe erschlagen von der Sicherheit, die Ling an den Tag legte. Als sie wieder am Zug war starrte sie noch einige Momente hilflos auf das Brett, ehe sie nach Manfred Ausschau hielt. Was sollte sie tun? Konnte sie das Spiel jetzt einfach so aufgeben, oder sollte sie einfach irgendetwas tun? Manfred bemerkte den stillen Hilferuf und trat neben Celia. Sein Blick huschte über das Brett und als er sah, dass es wirklich keine günstigen Positionen mehr gab legte er ihr eine Hand auf die Schulter: „Du kannst aufgeben, das ist nicht schlimm.“ Als sie ihn ansah, nickte er lächelnd. Sie hatte sich gut geschlagen. Fortsetzung folgt… |
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