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Lesen - Teil 4
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Efyriel (37 Posts bisher) |
Was Celia tat, wenn sie nicht gerade durch regennasse Straßen ging oder sich über Go Gedanken machte? An diesem Nachmittag saß Celia zuhause und brütete über einem Buch. Es war die Zeit, in der sie für ihr Studium lernte. Sie hatte erst vor ein paar Monaten damit begonnen und es fiel ihr noch recht schwer sich zurecht zu finden, auch in der neuen Stadt. Darum war sie eigentlich ganz froh gewesen Alan zu treffen. Wäre er doch nur ein wenig freundlicher zu ihr gewesen. Warum dachte sie schon wieder darüber nach? Mürrisch brummend schob sie ihr Buch beiseite und streckte sich. Sie konnte sich heute einfach nicht aufs Lernen konzentrieren. Ihr Blick viel auf ein ganz anderes Buch, welches unter den anderen vergraben gewesen war. Es war das Go-Buch, welches sie neulich gekauft hatte. Vielleicht hatte sie ja deswegen an Go denken müssen. Irgendwie schien es ihr keine Ruhe lassen zu wollen. Entschieden schob sie ihren Stuhl zurück und verließ ihr Zimmer. Nein, so einfach würde sie es ihm nicht machen. Nachdem sie sich ihre Jacke vom Haken geschnappt hatte verließ sie das Haus und schlenderte die Straße entlang zum Park hinüber. Ein Spaziergang im Grünen würde ihr jetzt sicher gut tun. Grün tat den Augen gut, wenn man sonst die ganze Zeit über Büchern saß. Ab und zu brauchte man einfach etwas Abwechslung, auch um die Gedanken schweifen zu lassen. Außerdem war es ihr im Moment ziemlich egal was Cicero über Verres zu erzählen gehabt hatte. Ja, derzeit lernte sie Latein im Kurs für Fortgeschrittene und sie hatte verdammt noch mal Probleme damit. Die Wörter wollten einfach nicht mit den Bildern in ihrem Kopf zusammen passen. All die Zeitformen, die Endungen und auf was sie noch so alles achten sollte. Immer wieder wurde ein bunter Brei daraus und sie fragte sich, wie sie das jemals schaffen sollte. Ihr Bruder war da immer ganz anders gewesen, er hatte solche Dinge mit Leichtigkeit geschafft. Sie seufzte und ließ ihren Blick über den Parksee schweifen. Kleine Wellen kräuselten die Oberfläche und nur hier und da war eine Ente unterwegs. Es war noch zu früh für den Großen Ansturm der arbeitenden Gesellschaft, die nach Feierabend auf diesen kleinen Flecken Erde strömten. Es war ihr mehr als recht, dass es hier so still und friedlich war. Sie brauchte einfach etwas Zeit um auf andere Gedanken zu kommen. Rechts von ihr lag der japanische Garten, der ebenfalls Teil des Parks war. Vor einiger Zeit hatte sie einmal etwas über den Aufbau solcher Gärten gelesen. Bislang hatte sie ihn nur hin und wieder kurz besucht, doch jetzt drängte etwas in ihr danach die schmalen Wege zu erkunden. Nach einem kurzen Blick auf die Armbanduhr, die ihr versprach, dass es noch mindestens eine Stunde ruhiger bleiben würde, verschwand sie zwischen den Hecken und Sträuchern. Kurz darauf stand sie an dem Wasserlauf, der sich hier zwischen Felsen hindurch schlängelte. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht überwand sie ihn, indem sie dem Weg über die kleine rote Brücke folgte. Sollte es hier nicht irgendwo auch ein Teehaus oder einen Pavillon geben? Es war erstaunlich ruhig hier, als habe jemand den Stadtgeräuschen gesagt, sie sollten draußen bleiben. Einige Blätter des Bambus kitzelten sie am Arm, als sie dem Weg zwischen ihm hindurch folgte. Plötzlich hörte Celia leise Flötenklänge und blieb stehen. Wie wunderschön diese Melodie doch war und dazu das leise plätschern des Wassers. Langsam ging sie weiter, um zu sehen, woher diese Klänge kamen und tatsächlich gelangte sie an einen kleinen Teich, an dessen Ufer der Pavillon stand. Einige Personen saßen dort beisammen und als das Flötenspiel endete vernahm sie ein vertrautes Geräusch. ~klack~ Wie erstarrt blieb sie stehen und blickte geradezu fassungslos auf das Bild vor sich. Es sah aus wie in einem Märchen, oder einer Sage. Hatte sie versehentlich eine Zeitreise gemacht? In historisch anmutenden Gewändern, die den Abbildungen im Go-Buch nicht unähnlich waren, saßen und standen diese Leute dort zusammen, ein paar schienen Go zu spielen und eine Frau hatte die Flöte gespielt. Celia wagte nicht sich zu bewegen, aus Angst sie könnten sie entdecken und dadurch den Zauber dieses Moments zerstören. Um diesen Moment ganz für sich im Herzen zu bewahren ging sie vorsichtig zurück und machte sich dann auf den Heimweg. Fortsetzung folgt… |
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