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Lesen - Teil 9

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Efyriel
(37 Posts bisher)
23.07.2019 09:10 (UTC)[zitieren]
Es war laut, es war chaotisch und einfach viel zu voll. Celia drehte sich mit ihrem Tablett im Kreis und fragte sich, wo sie hier gelandet war. Die Mensa, nein die ganze Universität hatte sich in einen brummenden Bienenstock verwandelt.
Hier flatterten einige junge Bienen unkoordiniert durch die Gegend, dort hockten mehrere dicke Hummeln auf ihren alt-angestammten Plätzen und warfen grimmige Blicke in den Raum. Aufgeregt wurde diskutiert hier und sich gestritten dort. Aber ab und an saß auch ein Käfer mit stoischer Ruhe in diesem Getümmel, als könne ihm all das nichts anhaben.
Celia bewunderte die Käfer, wie gerne wäre sie genau so wie sie. Doch ihr brummte der Kopf und sie bekam Kopfschmerzen von all dem Hin und Her.
Irgendwie gelang es ihr sich bis zur Kasse vor zu schieben dann hatte sie diese endlich hinter sich. Aber damit war der Kampf noch lange nicht gewonnen, jetzt brauchte sie einen Platz an einem der Tische. Es zerrte an ihren Nerven, all dieses Gesumme. Endlich, da war ein freier Platz, den sie sich auch ergattern konnte, ehe ein anderer ihn einnahm.
Mit einem Seufzen gönnte sie sich einen Moment, ehe sie begann die Nudeln bedächtig auf ihre Gabel zu piksen und in ihren Mund zu befördern. Rings um sie herum wurde geplappert, auf Handys gestarrt, rasch gefuttert und der Platz gegenüber wurde im fliegenden Wechsel neu belegt. Dann rückten zuerst die vier Plappermäuler recht von ihr ab und schließlich der nervöse Tisch-Tappser von der linken Seite. Sie wurden abgelöst von schnatternden Gänsen und einem geradezu schlingenden Musterschüler, der schnell in die nächste Vorlesung wollte.
Erneut wurde der Platz gegenüber neu belegt und Celia fragte sich, warum manche so schnell fertig waren. War essen nicht etwas, dass man mit bedacht tun sollte?
Ihr Stuhl wurde angerempelt und sie musste ihre Jacke vom Boden aufheben. Schließlich aß auch sie schnell ihre Nudeln, um diesen Ort wieder verlassen zu können.
Celias Blick fiel auf eine Frau die mitten in dem Getümmel saß, sie war einer der Käfer und sie schaffte es sogar noch in aller ruhe Notizen zu machen, während sie einen Nachtisch löffelte. Wie schaffte sie das nur?
Fluchtartig verließ Celia die Mensa, den summenden Bienenkasten. Doch draußen war es vorerst kaum besser. Studierende strömten hinaus und hinein und wechselten die Gebäude. Dabei wurde lustig geplappert, gekichert und diskutiert. Sie eilte weiter und hoffte auf Ruhe, irgendwo musste man dieses Gebrumme doch hinter sich lassen können.
Ihre Rettung war die Bibliothek.
Ruhe umfing sie und Celia atmete tief durch, während sie sich gegen die Wand neben der Tür lehnte. Was würde sie ohne diesen Ort des stillen Wissens nur tun?
Es war ihr einfach unerträglich all dieses Gebrumme und Gesumme.
Das Schnattern und Geraune. Das Brüllen uns Wiehern, das Kichern und Quaken, das Hin und Her, das Auf und Ab. Dieses ewige und andauernde Quieken und Kreischen und Knattern und Qualmen und die ganze Unachtsamkeit.

Hier jedoch war es nun ruhig.
Langsam ging sie mit Bedacht die Reihen der Stillen Wächter aus Regalen und Büchern entlang. So viel Wissen, so viele Meinungen und alle konnte sie lesen. Doch sie würde dennoch nie erfahren wie der Verfasser dieser Werke wirklich gedacht hatte. Denn sie konnte vielleicht ahnen was er meinte, doch sein Denken wäre ihr für immer verborgen. Aber war nicht gerade das so faszinierend an der ganzen Sache?
Es war wie bei einem Go-Spiel. Man konnte erahnen was der Gegner tun würde, wie sein nächster Zug aussehen mochte, aber man konnte es nicht wissen.
Doch wenn man nach einem Getümmel, einem Kampf die Ruhe suchte, dann konnte man auch das Wissen für sich entdecken. Celia dachte darüber nach und fragte sich, warum sie dabei schon wieder an Go denken musste. Warum verglich sie in letzter Zeit immer mehr Situationen mit Situationen auf dem Spielbrett? Hatte sie nicht vorgehabt die Finger von diesem Spiel zu lassen? War sie nicht überzeugt davon, dass es nicht das Richtige für sie war?



Fortsetzung folgt…



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